Selbsthilfe in der Corona-Pandemie: neue Chancen und ein klein bisschen Mut

Selbsthilfe ist für uns im Institut für PatientenErleben (IPE) eine Herzensangelegenheit. Seit April 2019 sind wir die Selbsthilfebeauftragten der Universitätsmedizin Essen und setzen uns für die Stärkung dieses wichtigen Themas ein. Doch auch für die Selbsthilfe hat sich mit Ausbruch der Corona-Pandemie einiges verändert.

Viele Selbsthilfeaktive gehören zur Risikogruppe und sind besonders gefährdet. Eine Alternative für persönliche Gruppentreffen bieten derzeit vor allem Videokonferenzen. „Unsere Ansprechpartner berichten, dass sie sich schnell an die Treffen auf dem Bildschirm gewöhnt haben. Das freut uns sehr, denn durch den digitalen Austausch haben sogar mehr Menschen die Möglichkeit, teilzunehmen. Denken wir beispielsweise an Erkrankte, die noch zu schwach für ein persönliches Treffen wären, oder Menschen, die weit entfernt wohnen“, berichtet Monja Gerigk, Leiterin des IPE: „Die Umstellung ins Digitale ist ein Gewinn für die Selbsthilfe, auch wenn sie die persönlichen Gespräche nicht vollständig ersetzen kann.“

Gabriele Becker von der Essener Selbsthilfekontaktstelle Wiese e.V. bestätigt den positiven Eindruck: „Der Mut, sich mit der neuen Technik zu beschäftigen, lohnt sich. Für Ungeübte bieten wir auch Workshops zum Umgang mit dem Programm Zoom an. Derzeit gibt es bei uns außerdem offene Videokonferenzen beispielsweise zu Sucht und Depression. Und obwohl man sich teilweise nie persönlich begegnet ist, kommt eine sehr vertrauensvolle Atmosphäre auf.“ Und Becker sieht einen weiteren Vorteil: „Wenn es um sehr intime und schwer auszusprechende Themen geht, gelingt der Austausch manchmal sogar besser über den Bildschirm als in der persönlichen Runde.“ Sie ist sich sicher: „Diese Form der Gruppentreffen werden erhalten bleiben.“

Seit einigen Wochen sind im Selbsthilferaum der Universitätsmedizin auch persönliche Treffen wieder möglich. Gerigk: „Es war uns äußerst wichtig, den Raum wieder zu öffnen. Denn wir wissen, wie essentiell die Gespräche vor Ort für viele sind. Wir haben ein Hygienekonzept für die Räumlichkeit erarbeitet, die Teilnehmerzahl begrenzt und führen Kontaktlisten.“

„Mich fasziniert an der Selbsthilfe, dass sich die Menschen trotz der eigenen Erkrankung engagieren, damit es anderen und ihnen selbst besser geht. Wir von der Wiese helfen mit unserer Arbeit, Stolpersteine aus dem Weg zu räumen“, so Gabriele Becker. Für die Universitätsmedizin ergänzt Monja Gerigk: „Selbsthilfe ist ein Schatz, der gerade in dieser Zeit mehr denn je gehoben werden muss. Gespräche mit Menschen, die in derselben Lage sind – egal ob digital oder persönlich –, geben Sicherheit, Kraft und manchmal sogar eine neue Perspektive auf die eigene Situation.“